Instagram: Wo Realität stirbt und Filter regieren

Willkommen auf Instagram, dem digitalen Paralleluniversum, wo alle immer glücklich, schön und erfolgreich sind – außer dir. Ja, genau, du mit deinem dritten Kaffee und den unästhetischen Flecken auf dem T-Shirt.

Hier ist nichts echt, und genau das macht den Reiz aus. Der Sonnenuntergang in Bali? Bearbeitet. Die perfekte Strandfigur? 17 Filter später. Der #nofilter-Post? Gelogen. Instagram ist ein Ort, an dem Menschen ihre Realität so lange optimieren, bis selbst ihre eigenen Freunde sie nicht mehr erkennen.

Das beste Beispiel: der klassische Selfie-Influencer. Sie stehen morgens um 5 Uhr auf, damit sie beim Sonnenaufgang so tun können, als wären sie gerade zufällig wach geworden. Das Outfit? Natürlich „spontan“. Die Pose? Locker, aber so durchgeplant wie eine Mondlandung. Es gibt mehr Studien über den perfekten Winkel eines Duckfaces als über den Klimawandel.

Und dann sind da die Fitness-Gurus. Sie sitzen in ultramodernen Küchen und posieren mit einem Smoothie in der Hand, der aussieht wie pürierte Algen. „Start your day right!“, schreiben sie, während du an deinem Buttercroissant knabberst und dich fragst, ob du jemals so diszipliniert wirst. Die Antwort ist nein.

Nicht zu vergessen: die Food-Blogger. Sie verbringen drei Stunden damit, ihre Avocado auf dem Toast zu drapieren und der Optik mehr Aura zu verleihen. Nach dem Foto-Shooting wird es einfach auf profane Art entsorgt. Entweder wird es an das vorhandene Hilfspersonal hinter den Kulissen abgegeben oder weggeschmissen, kommt drauf an, ob die Produzent*innen gerade eine Diät machen.

Natürlich gibt es auch die Reichen-und-Schönen-Fraktion. Sie sitzen auf Yachten, tragen Designerkleider und lächeln so zufrieden, dass du kurzzeitig deine eigene Existenz infrage stellst. „Work hard, play hard“, schreiben sie in die Caption. Dabei ist der härteste Job dieser Menschen vermutlich, einen Assistenten zu finden, der weiß, wie man Champagnerflaschen öffnet.

Aber keine Sorge, auch die Normalos sind da. Sie posten Gruppenbilder von Partys, auf denen man sie kaum erkennen kann, weil immer einer die Kamera in einem absurden Winkel hält. Dazu kommen die verwirrenden Captions wie „Mood: ✨🍷💃🔥“ – was übersetzt so viel heißt wie: „Wir hatten Spaß, aber niemand weiß mehr genau, was passiert ist.“

Und dann wären da noch die berüchtigten Reisebilder. Niemand fliegt mehr in den Urlaub, um sich zu entspannen. Nein, Urlaub ist jetzt eine Challenge. Man sucht stundenlang nach einer perfekt verlassenen Klippe, um dort in luftiger Kleidung zu posieren, während ein Orkan durch die Haare weht. „Lost in paradise“, schreiben sie, während ein Kameramann fast in den Abgrund stürzt.

Aber seien wir ehrlich: Trotz all der Übertreibungen und Illusionen lieben wir Instagram. Es ist wie eine Reality-Show, bei der wir freiwillig zuschauen. Und am Ende scrollen wir weiter, weil es immer irgendetwas gibt, das uns kurzzeitig von unserem eigenen Chaos ablenkt.

Also, falls du gerade überlegst, ein Selfie zu posten: keine Sorge. Dein Feed ist sowieso nur ein Tropfen im Ozean der inszenierten Perfektion. Und das ist auch okay – so lange du dich selbst nicht allzu ernst nimmst.

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